Kunstlehrer Sanyasi Lohar

Sanyasi mit Entwurf Tempelportal

Sanyasi Lohar ist selbständiger bildender Künstler, er wohnt im Santal-Dorf Bishnubati. Dort hat er im  Dachgeschoss seines Hauses ein Atelier gebaut, in dem er kunsthandwerkliche Arbeiten herstellt, in letzter Zeit vor allem Batiken. Nebenbei wirkt er als Kunstlehrer und gibt an diversen Schulen Kurse in bildender Kunst und Kunsthandwerk.

Themen aus dem Santal-Dorfleben
Über viele Jahre galt sein besonderes Interesse dem Zeichnen und Malen, daneben auch dem Modellieren in Bronze und Ton. Seine Themen und Motive suchte und fand er vor allem im Dorfleben von Bishnubati und Umgebung. Er wollte die Lebens- und Arbeitswelt der Santals in all ihren Facetten abbilden. In dieser Phase entstanden ausdrucksvolle Zeichnungen und Aquarelle, die auch zur Illustration in Büchern über die Santals aufgenommen wurden.

Neben typischen Santal-Motiven hat er auch die charakteristische Art beobachtet, wie die Santals zeichnen, zum Beispiel an ihren Hauswänden. Art und Formen hat er dann übernommen, abstrahiert und für seine Batiken weiterentwickelt. Seine Gedanken darüber hat er in einem Buch-Beitrag festgehalten: "Der Künstler in uns - Santalfrauen inspirieren Batik-Designs".

Als Hindu vertraut mit Santal-Kultur
Obwohl also Santal-Kultur und Santal-Motive sein künstlerisches Schaffen zentral bestimmen, ist  Sanyasi Lohar selbst kein Santal. Er stammt aus einer Hindu-Familie, die der Kaste der Schmiede angehört. Sein älterer Bruder arbeitet in Bishnubati als Dorfschmied, der für die Santal-Bauern die Eisenwerkzeuge für ihre Feldarbeit herrichtet.

Sanyasi Lohar, 1972 in Bishnubati geboren, ist zweisprachig aufgewachsen. Von Jugend auf spricht er neben Bengalisch auch fließend die Sprache Santali und hat sich die Kultur der Santals angeeignet. Neben dem Santal Boro Baski gehörte er zu den ersten Jungen seines Dorfes, die eine Schule besucht haben.

Atelier und Werkstatt unter dem Dach
Batiken in der Werkstatt

Interkulturelle Anregungen
Seine künstlerische Ausbildung erhielt Sanyasi Lohar an der Kunstakademie in Santiniketan, eine in Indien sehr angesehene Einrichtung, die von dem Dichter Rabindranath Tagore gegründet wurde. Martin Kämpchen, der früh sein künstlerisches Talent erkannte, vermittelte ihm das Studium und förderte ihn bis zum erfolgreichen Abschluss.

Weitere interkulturelle Anregungen konnte sich Sanyasi Lohar auch in Europa holen. Dreimal hat er in der traditionsreichen Privatschule Ecole d'Humanité in der Schweiz mehrere Monate als Kunstlehrer gearbeitet. Der Gründer der Schule, Paul Geheeb, gründete auch die bekannte Odenwaldschule, bevor er vor den Nationalsozialisten in die Schweiz floh. Rabindranath Tagore besuchte 1930 die Odenwaldschule und freundete sich mit Paul und Edith Geheeb an. Seitdem pflegten das Ehepaar und ihre beiden Schulen intensive Beziehungen zu Indien, die Sanyasi weiterführen konnte.

Engagement in der Dorfarbeit
Neben seiner künstlerischen und kunsthandwerklichen Arbeit engagiert sich Sanyasi Lohar aktiv in der Dorfarbeit, er gehört dem Dorf-Council an und nimmt an allen Festen und Veranstaltungen von Ghosaldanga und Bishnubati und der Schule "Rolf Schoembs Vidyashram" (RSV) gestaltend Anteil. In der Schule RSV hält er regelmäßig Kunst-Kurse und versucht dabei, dem kunstpädagogischen Leitbild von Tagore zu entsprechen.

Sanyasi war auch maßgeblich an Reisen von Santalgruppen nach Europa beteiligt, zum Beispiel einer Gruppenreise nach Deutschland 2008 unter dem Thema "Ein Santaldorf stellt sich vor". Für diese Gruppenreise hat er Plakate und Bilder gemalt, darunter auch eine Bilderserie zur "Schöpfungsgeschichte der Santals". Als Hindu konnte er die Lieder der Santals mitsingen und ihre Tänze mittanzen. Auf diesen Reisen, aber auch für die Arbeit zur Dorfentwicklung, war und ist sein künstlerisches Talent unentbehrlich.

Berufliche Weiterorientierung
Bei unserem letzten Besuch Anfang 2012 hatte Sanyasi einen interessanten neuen Auftrag in Arbeit, nämlich die Gestaltung und Ausführung eines Portals zu einem Hindu-Tempel. Als Ausgangsmaterial diente Ton, der zunächst in größeren Tafeln geformt, dann in verarbeitbar handliche Tafel-Stücke geschnitten wurde. Zum Brennen der Tontafeln hatte er sich einen eigenen Brennofen gebaut. Nach den Brennvorgängen sollen die Tafeln am Tempel zu einer Portal-Gesamtskulptur zusammengesetzt werden.

Tontafeln vor dem Brennen
Sanyasis Brennofen

Neben seinem Engagement in der Dorfarbeit von Ghosaldanga und Bishnubati hat Sanyasi inzwischen auch einen eingetragenen Verein gegründet, der das Ziel verfolgt, die Aktivitäten auf den Gebieten Ernährung und medizinische Versorgung auf weitere Dörfer der Umgebung auszudehnen. Bei unserem Besuch im Januar 2012 hat er uns im Dorf Rindanga das Ernährungsprogramm für Mütter und Kinder vorgestellt.

Sanyasi Lohar ist mit Sandhya aus der Kreisstadt Bolpur verheiratet, sie haben einen dreijährigen Sohn Rishi. Die Daten (in Englisch) über Sanyasi Lohars berufliche Laufbahn kann man hier nachlesen.